Self-Tracking: Geht der Trend zur Selbst-Vorsorge?
Daten über unseren Körper aufzeichnen – das geht mit Wearables und Apps heute kinderleicht. Der gesundheitliche Nutzen für die oder den Einzelnen, aber auch die gesellschaftlichen Folgen der Selbstvermessung sind nicht unumstritten.
Gesundheits-Apps: zwischen Therapie und Lifestyle
Auch wenn es mittlerweile Tausende von Gesundheits-Apps gibt, die sich an Verbraucherinnen und Verbraucher richten, decken sie nicht die gesamte Bandbreite der Gesundheitsversorgung ab. Sie setzen meist im Bereich des Wohlbefindens und bei der Prävention von Erkrankungen an. Ein Beispiel dafür sind Angebote, die Informationen oder Daten unserer persönlichen Aktivitäten aufbereiten.
Seltener sind Anwendungen zur Therapie von Menschen, die schon krank sind: So gibt es beispielsweise Angebote, mit denen Diabetikerinnen und Diabetikern ihren Insulinwert überwachen können. Ein weiteres Beispiel im Bereich der Therapie von Krankheiten sind Apps für Patientinnen und Patienten mit Hörproblemen: Sie passen die Tonausgabe eines Hörgeräts automatisch so an, dass sich die Beschwerden verringern. Solche Anwendungen bilden eher die Ausnahme, viel umfangreicher ist das Angebot an Fitness- und Informations-Apps.
Vielseitige Formen der Selbstvermessung
Es gibt diverse Möglichkeiten des sogenannten Self-Trackings. So werden Aktivitäten bezeichnet, bei denen Menschen den eigenen Körper mit Wearables wie Fitness-Armbändern vermessen. Viele passen in der Folge ihr Verhalten an, um diese Werte zu verbessern, etwa durch mehr Bewegung.
Das bietet Einzelpersonen die Chance, besser für ihre Gesundheit sorgen zu können. Die Datenerhebung und -verarbeitung macht Menschen zu Agentinnen oder Agenten der Prävention. Somit müssen sie nicht zu Patientinnen oder Patienten der einen oder anderen Therapie werden. In Einzelfällen haben Wearables, die etwa den Puls der Tragenden messen, bereits Menschen mit Herzproblemen das Leben gerettet: Sie haben die Erkrankung sichtbar gemacht.
Die selbst gewählte Überwachung des Körpers beschränkt sich nicht nur auf physische Aspekte der Gesundheit. Es gibt Apps, die zum Beispiel depressive Stimmungen erkennen sollen. Sie sollen dafür sorgen, dass ihre Nutzerinnen und Nutzer rechtzeitig aktiv werden, um auf das eigene Befinden einzuwirken.
Ermächtigung oder Bevormundung?
Diese Entwicklungen bedeuten zweierlei: Sie ermächtigen einerseits dazu, besser auf die eigene Gesundheit zu achten. Andererseits kann damit auch eine Verlagerung von Verantwortung einhergehen. Neben einer Verantwortung der Gesellschaft, Rahmenbedingungen für ein gesundes Leben zu schaffen, treten durch intensive Selbstvermessung die Handlungen von Einzelpersonen in den Vordergrund: Bestimmte Datenwerte über körperliche Bewegung, regelmäßigen Schlaf oder die Ernährungsgewohnheiten von Personen werden vergleichbar.
Dadurch kann eine Art Gruppenzwang entstehen, möglichst gesund zu leben. Nicht jede oder jeder kann jedoch in gleichem Maß dafür sorgen, selbst gesteckte Ziele einzuhalten wie etwa bei der Anzahl der täglich zurückgelegten Schritte, beim Alkoholkonsum oder bei der Kalorieneinnahme. Einer alleinerziehenden Person mit zwei Jobs ist es im Zweifel aus Zeitmangel nicht möglich, immer gesund zu kochen, oder sie hat weniger Energie und Zeit für Sport, als eine Person, die weniger Verpflichtungen hat.
Darüber hinaus werden Körperdaten ohne Kontext erhoben. Es bleibt unklar, ob jemand beispielsweise gerade besonders viel Arbeit hat oder einen Trauerfall verarbeiten muss. Schlimmstenfalls könnten die Datenerhebung und die Möglichkeit der Prävention dazu führen, dass Krankheit als selbstverschuldet angesehen wird.
Die Gesetze in Deutschland schreiben ein Solidaritätsprinzip für die Gesundheitsversorgung vor. Dieser Grundsatz gewährleistet für alle Menschen eine medizinische Versorgung, unabhängig von deren Verhalten und Lebenswandel. Auch Verbraucherinnen und Verbraucher können darauf achten, sich in ihrer eigenen Lebensweise nicht in eine selbst gewählte Bevormundung durch Gesundheits-Apps und Wearables zu begeben. Stattdessen gilt es, bewusst und selbstbestimmt deren Möglichkeiten zu nutzen, ohne die Freiheit aufzugeben, sich auch mal „ungesund“ zu verhalten.
Zum Thema Self-Tracking gibt es viele Meinungen – das merkt Anna im Gespräch mit Jogging-Partnerin Lena und deren Freund Tim. Wem nützen die permanente Selbstvermessung und die dabei anfallenden Daten wirklich? Um diese und andere Fragen geht es in der Podcast-Folge „Die Vermessung des Ichs“.
Daten über unseren Körper aufzeichnen – das geht mit Wearables und Apps heute kinderleicht. Der gesundheitliche Nutzen für die oder den Einzelnen, aber auch die gesellschaftlichen Folgen der Selbstvermessung sind nicht unumstritten.
Gesundheits-Apps: zwischen Therapie und Lifestyle
Auch wenn es mittlerweile Tausende von Gesundheits-Apps gibt, die sich an Verbraucherinnen und Verbraucher richten, decken sie nicht die gesamte Bandbreite der Gesundheitsversorgung ab. Sie setzen meist im Bereich des Wohlbefindens und bei der Prävention von Erkrankungen an. Ein Beispiel dafür sind Angebote, die Informationen oder Daten unserer persönlichen Aktivitäten aufbereiten.
Seltener sind Anwendungen zur Therapie von Menschen, die schon krank sind: So gibt es beispielsweise Angebote, mit denen Diabetikerinnen und Diabetikern ihren Insulinwert überwachen können. Ein weiteres Beispiel im Bereich der Therapie von Krankheiten sind Apps für Patientinnen und Patienten mit Hörproblemen: Sie passen die Tonausgabe eines Hörgeräts automatisch so an, dass sich die Beschwerden verringern. Solche Anwendungen bilden eher die Ausnahme, viel umfangreicher ist das Angebot an Fitness- und Informations-Apps.
Vielseitige Formen der Selbstvermessung
Es gibt diverse Möglichkeiten des sogenannten Self-Trackings. So werden Aktivitäten bezeichnet, bei denen Menschen den eigenen Körper mit Wearables wie Fitness-Armbändern vermessen. Viele passen in der Folge ihr Verhalten an, um diese Werte zu verbessern, etwa durch mehr Bewegung.
Das bietet Einzelpersonen die Chance, besser für ihre Gesundheit sorgen zu können. Die Datenerhebung und -verarbeitung macht Menschen zu Agentinnen oder Agenten der Prävention. Somit müssen sie nicht zu Patientinnen oder Patienten der einen oder anderen Therapie werden. In Einzelfällen haben Wearables, die etwa den Puls der Tragenden messen, bereits Menschen mit Herzproblemen das Leben gerettet: Sie haben die Erkrankung sichtbar gemacht.
Die selbst gewählte Überwachung des Körpers beschränkt sich nicht nur auf physische Aspekte der Gesundheit. Es gibt Apps, die zum Beispiel depressive Stimmungen erkennen sollen. Sie sollen dafür sorgen, dass ihre Nutzerinnen und Nutzer rechtzeitig aktiv werden, um auf das eigene Befinden einzuwirken.
Ermächtigung oder Bevormundung?
Diese Entwicklungen bedeuten zweierlei: Sie ermächtigen einerseits dazu, besser auf die eigene Gesundheit zu achten. Andererseits kann damit auch eine Verlagerung von Verantwortung einhergehen. Neben einer Verantwortung der Gesellschaft, Rahmenbedingungen für ein gesundes Leben zu schaffen, treten durch intensive Selbstvermessung die Handlungen von Einzelpersonen in den Vordergrund: Bestimmte Datenwerte über körperliche Bewegung, regelmäßigen Schlaf oder die Ernährungsgewohnheiten von Personen werden vergleichbar.
Dadurch kann eine Art Gruppenzwang entstehen, möglichst gesund zu leben. Nicht jede oder jeder kann jedoch in gleichem Maß dafür sorgen, selbst gesteckte Ziele einzuhalten wie etwa bei der Anzahl der täglich zurückgelegten Schritte, beim Alkoholkonsum oder bei der Kalorieneinnahme. Einer alleinerziehenden Person mit zwei Jobs ist es im Zweifel aus Zeitmangel nicht möglich, immer gesund zu kochen, oder sie hat weniger Energie und Zeit für Sport, als eine Person, die weniger Verpflichtungen hat.
Darüber hinaus werden Körperdaten ohne Kontext erhoben. Es bleibt unklar, ob jemand beispielsweise gerade besonders viel Arbeit hat oder einen Trauerfall verarbeiten muss. Schlimmstenfalls könnten die Datenerhebung und die Möglichkeit der Prävention dazu führen, dass Krankheit als selbstverschuldet angesehen wird.
Die Gesetze in Deutschland schreiben ein Solidaritätsprinzip für die Gesundheitsversorgung vor. Dieser Grundsatz gewährleistet für alle Menschen eine medizinische Versorgung, unabhängig von deren Verhalten und Lebenswandel. Auch Verbraucherinnen und Verbraucher können darauf achten, sich in ihrer eigenen Lebensweise nicht in eine selbst gewählte Bevormundung durch Gesundheits-Apps und Wearables zu begeben. Stattdessen gilt es, bewusst und selbstbestimmt deren Möglichkeiten zu nutzen, ohne die Freiheit aufzugeben, sich auch mal „ungesund“ zu verhalten.