It’s a Match! Wie Algorithmen optimale Paare suchen

Online-Dating ist ein riesiger Markt und bietet etliche Varianten, um neue Menschen kennen zu lernen. Bei einigen Diensten helfen dabei Algorithmen: Sie ‚matchen‘ Personen, die laut Analyse ihrer Profildaten wahrscheinlich gut zueinander passen.

Im Kurzfilm „Digital Sozial“ versucht Anna mithilfe einer App, einen Partner zu finden. Millionen Menschen gehen so vor: Über digitale Partnervermittlungen, Apps oder Online-Singlebörsen suchen sie nach flüchtigen Flirts oder der Beziehung fürs Leben. In Deutschland gibt es mehr als 2.500 solcher Plattformen, die sich in vielem unterscheiden – zum Beispiel, wie sie Kontakte zwischen Menschen herstellen. Ein Verfahren, auf das auch Annas fiktive Dating-App setzt, ist das sogenannte Matching. Dabei versuchen Algorithmen, optimale Paare zu bilden.

Auf der (technischen) Suche nach dem optimalen Paar

Die Idee zu Matching-Algorithmen wurde in der Wirtschaftsmathematik entwickelt – ein Feld, das man auf den ersten Blick wohl eher nicht mit Romantik assoziieren würde. In den sechziger Jahren beschäftigten sich zwei US-Forscher, David Gale und Lloyd Shapley, mit dem Problem, wie man Akteure verschiedener Märkte zusammenbringen kann – und zwar so, dass die Ergebnisse für alle zufriedenstellend sind. Sie entwickelten den Gale-Shapley-Algorithmus: Er beinhaltet mehrere Sortierschritte, um optimale Paare unter den Elementen zweier Gruppen zu finden. Dass sich mit den theoretischen Arbeiten von Gale und Shapley konkrete gesellschaftliche Probleme lösen lassen, bewies Jahre später der Ökonom Alvin Roth: Er nutzte ihren Algorithmus, um Systeme zu entwickeln, die medizinisches Personal besser auf Krankenhäuser verteilen oder die Vermittlung von Spenderorganen optimieren. Dafür erhielten Roth und Shapley 2012 den Wirtschaftsnobelpreis.

Algorithmen lösen Zuordnungsprobleme
Für ihren Algorithmus hatten sich Gale und Shapley mit der Frage beschäftigt, wie man Akteure verschiedener Märkte zusammenbringen kann – und zwar so, dass die Ergebnisse für alle zufriedenstellend und die gefundenen Paarungen stabil sind. Wie der Sortierprozess eines solchen Matching-Algorithmus abläuft, zeigt vereinfacht diese animierte Grafik – am Beispiel der Hauptfiguren aus Jane Austens berühmten Roman „Stolz und Vorurteil“.

Computersysteme zur Zuordnung von Elementen kommen immer dann zum Einsatz, wenn die Gruppen für das händische Zuteilen durch Menschen zu groß werden. Bei Online-Spielen etwa sorgen Algorithmen dafür, dass tausende Menschen in Sekundenschnelle Mitspielerinnen und Mitspieler finden. Auch bei der Besetzung von Arbeitsplätzen werden Matching-Algorithmen genutzt: Sie analysieren zum Beispiel Netzwerke wie LinkedIn oder Xing, um geeignete Personen herauszufiltern. Dabei suchen sie nach der größtmöglichen Übereinstimmung zwischen den Stellenanforderungen und Angaben in den Lebensläufen. Dieser automatische Datenabgleich hilft allerdings eher bei der Suche nach passenden fachlichen Fertigkeiten – Rückschlüsse auf die Leistung oder Persönlichkeiten von Menschen lassen sich daraus nicht ziehen. Zumal Jobsuchende ihre Profile auch an die Matching-Systeme anpassen und Schlagworte nutzen, auf die der Algorithmus positiv reagieren könnte.

Matching
Beim ‚Matching‘ (dt. Paarbildung) sollen Algorithmen die Elemente zweier Gruppen auf optimale Weise einander zuordnen. Und zwar möglichst so, dass die Paarungen für alle akzeptabel, also stabil sind. Beim Online-Dating etwa gleichen Algorithmen große Datenmengen ab, um Personen zu ‚matchen‘, deren Profilangaben und Präferenzen gut zueinander passen. Matching-Systeme werden für vielfältige Zwecke genutzt, zum Beispiel zur Vermittlung von Spenderorganen oder zur Suche und Besetzung von Stellen.
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Matching basiert vor allem auf Selbstauskunft

Auch beim Online-Dating kommen Matching-Algorithmen ins Spiel. Manche Partnervermittlungen versprechen, mit ihren Rechenformeln passende Paare ermitteln zu können. Um die Anziehungskraft – oder vielmehr: Kompatibilität – zwischen Menschen vorherzusagen, braucht es Informationen über sie. Bei vielen Anbietern soll man deshalb zunächst Fragebögen zu Lebenseinstellungen, Vorlieben und Interessen ausfüllen: eine Art Persönlichkeitstest, aus dem Profile gebildet werden, die der Algorithmus miteinander abgleicht. Manche Anbieter vergeben Punkte, andere einen Prozentsatz, der angeben soll, wie gut zwei Profile zusammenpassen.

Romantische Rechenformel
Nicht ganz neu, aber nach wie vor aufschlussreich ist dieses kurze Video von 2013. Darin erklärt OKCupid-Mitgründer Christian Rudder, wie das Matching von Profilen auf der Dating-Seite funktioniert.

Bei der US-Datingseite OKCupid basiert der Matching-Wert auf drei Aspekten: wonach Person A sucht, wonach Person B sucht und wie kompatibel die Antworten sind, die A und B bei den Persönlichkeitsfragen gegeben haben. Zum Beispiel, ob man Horrorfilme mag, Kinder haben möchte oder unordentlich ist. Für jede Frage gibt Person A außerdem an, wie die gewünschte Antwort von Person B lauten sollte und wie wichtig A die Frage ist – von irrelevant bis äußerst wichtig. Diese Daten vergleicht der Algorithmus für alle Profile, deren übrige Suchkriterien wie Alter, Ort und Geschlecht zueinander passen. Aus den Angaben von A und B wird je ein Wert errechnet und daraus ein gemeinsamer Matching-Prozentsatz ermittelt. Haben beide die gleichen Fragen ähnlich beantwortet und sind sich einig, welche Dinge ihnen besonders wichtig sind, so steigt dieser Prozentsatz. Und damit auch die Wahrscheinlichkeit, dass A und B einander vorgeschlagen werden.

Optimale Paare zuordnen: Beim Online-Dating ‚matchen‘ Algorithmen Personen, die laut Analyse ihrer Profildaten wahrscheinlich gut zueinander passen. Matching-Systeme werden aber auch für andere Zwecke eingesetzt, zum Beispiel zur Besetzung von Stellen.

Insbesondere kostenpflichtige Partnervermittlungen argumentieren gerne mit ihren raffinierten, auf psychologischen Erkenntnissen basierenden Rechenformeln. Wie genau die Algorithmen dabei Informationen abgleichen und gewichten, bleibt meist ihr Geschäftsgeheimnis. Ob die verschiedenen Matching-Verfahren mehr sein können als ein Filter zur Eingrenzung potenzieller Kontakte, ist allerdings fraglich, denn die Werte basieren auf Selbstauskunft. Manche Plattformen beobachten deshalb zusätzlich das Nutzungsverhalten ihrer Mitglieder und berücksichtigen es bei den Vorschlägen. Dabei sollte man aber eines im Blick behalten: Matching-Algorithmen basieren auf der Annahme, dass vor allem Gemeinsamkeiten und persönliche Eigenschaften für eine gelungene Partnerschaft ausschlaggebend sind. Ob zwei Menschen sich tatsächlich ineinander verlieben oder ob ihre Beziehung auch dauerhaft bestehen bleibt, dafür ist der Grad der Übereinstimmung jedoch nur bedingt entscheidend. Und vieles, was eine stabile, gute Beziehung ausmacht, lässt sich nicht mit einer Rechenformel abbilden.

Riesiger Dating-Markt
Online-Dating ist ein riesiger Markt. Wer sich einen Überblick verschaffen will, kann dies auf Testseiten wie zu-zweit.de tun. Außerdem informiert das Portal Marktwächter der Verbraucherzentralen über potenzielle Risiken auf dem Online-Dating-Markt.

Wie gehen Anbieter mit den Dating-Daten um?

Keine Frage: Online-Dating kann uns mit potenziellen Partnerinnen und Partnern zusammenbringen, die wir im Alltag womöglich nicht getroffen hätten. Der Markt ist riesig und bietet zwischen kostenlosen Apps und bezahlpflichtigen Diensten viele Varianten. Allerdings sind nicht alle Anbieter vertrauenswürdig, was den Umgang mit persönlichen Daten anbelangt.

Was Dating-Daten verraten
Eine britische Journalistin nahm das Recht auf Selbstauskunft bei der Dating-App Tinder in Anspruch – und erhielt 800 Seiten gesammelte Informationen über sich. Ein Artikel auf Sueddeutsche.de fasst den Fall zusammen.

Einige Apps übermitteln Profilinformationen unverschlüsselt an ihre Server, was bedeutet, dass diese theoretisch von Dritten mitgelesen werden können. Verknüpft eine Person eine Dating-App mit ihren Social-Media-Profilen, tauschen beide Anbieter Informationen über sie aus und erweitern ihre Datensammlung über diese Person. Und auch die Nutzung von Standortinformationen beim Dating birgt gewisse Risiken: Die Lokalisierung von Profilen in der unmittelbaren Umgebung kann einerseits für ungebetene Kontaktversuche genutzt werden. Andererseits kann auch der Anbieter der App so jederzeit nachvollziehen, wo eine Person sich aufhält. Es ist daher ratsam, die Datenschutzbestimmungen vor Verwendung einer App genau zu lesen, sich über die Anbieter zu informieren und bei Bedarf die Einstellungen des eigenen Profils anzupassen.

Beim Online-Dating geht es vorrangig darum, fremde Menschen kennen zu lernen. Doch wie verhält es sich eigentlich, wenn uns Menschen vorschlagen werden, die wir bereits kennen – oder kennen könnten? Um solche Kontaktvorschläge auf sozialen Netzwerken geht es im nächsten Beitrag „Missing Link: Woher soziale Netzwerke wissen, wen wir kennen (könnten)“.